Autor: Hartmut Geißler mit seiner Hilfe von Gerhard Rättig
Fotos: Gerhard Rättig
In den letzten Jahren hat sich vor allem der Diplom-Ingenieur Gerhard Rättig um die Erforschung des früheren Kranes in Frei-Weinheim verdient gemacht. Er durchsuchte Archive, überprüfte Darstellungen auf Landkarten, verglich die Überlieferungen für den Weinheimer Kran mit den Erkenntnissen zu wahrscheinlich ähnlichen Kränen in Bingen, Oestrich, Andernach und anderen Orten und konnte sogar gemeinsam mit der Stadt Ingelheim den Landesarchäologen Dr. Gerd Rupprecht dazu bewegen, im Jahre 2009 eine Grabung am alten Kranfundament vorzunehmen.
Seine vorläufigen Erkenntnisse hat Gerhard Rättig im Jahre 2011 in einer Broschüre der Öffentlichkeit vorgestellt, die von der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz unter der Redaktion von G. Rupprecht herausgegeben wurde.
Folgendes steht danach fest:
1. Es hat im 17. Jahrhundert an der Stelle, die der jetzige Fundamentrest bezeichnet, einen Landkran (manchmal auch "Hauskran" genannt) gegeben, in dessen Inneren mit zwei Treträdern die Lasten, vor allem die schweren Weinfässer, gehoben wurden.
2. Es gab eine kurfürstliche Benutzungsordnung für diesen Kran, von der sich im Landesarchiv Speyer ein Exemplar erhalten hat, undatiert, aber vom Archiv auf auf etwa 1680 geschätzt. Darin wird dieser Kran als "newerbawt" bezeichnet, also "neuerbaut", was wahrscheinlich auf die Jahrzehnte nach dem Dreißigjährigen Krieg verweist, als die Kurpfalz daran ging, ihr zerstörtes Land wieder aufzubauen.
3. Wann der Schiffskran, den noch zwei Karten aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts am Frei-Weinheimer Ufer darstellen, durch diesen Landkran abgelöst wurde, bleibt weiterhin unbekannt.
4. Zerstört und wahrscheinlich nicht wieder aufgebaut wurde er um 1690.
Aus den Einzelheiten von Zeugenbefragungen Mitte des 18. Jahrhunderts und den Ergebnissen der archäologischen Grabung stellte Gerhard Rättig in seiner Broschüre folgendes hypothetisches Aussehen des Landkranes vor, angelehnt an ähnliche Kräne in Bingen und Oestrich:
Den Zustand nach seiner Zerstörung fand Rättig auf einer Rheingaukarte von 1706 im Hessischen Haupt- und Staatsarchiv in Wiesbaden. Er kommentiert die Abbildung so (Rättig, Neues..., S. 11):
Der Landschreiber Johann Melchior Götz wird beauftragt, alle Auen, Wörte und Sande in einem Abriß zu bringen und .... über die Besitzveränderungen .... zu berichten.
Im Juli 1706 nahm der Landschreiber die Rheininseln und Landauen .... mit dem Oberamtschultheiß zu Eltville, Henrich Winkheiß, sorgfältig in Augenschein. Jener Oberamtschultheiß fertigte eine Karte und der Landschreiber ein Verzeichnis dazu. Die Karte hat den Titel: "Riss aller Rheinauen im Rheingau von Budenheim bis Kempten, zu den Pfälzer Strittigkeiten brauchbar, 1706.“
Interessant ist, dass in Frei-Weinheim das Kranfundament und die Beschriftung - mit schwarzer Tinte - nachträglich eingetragen wurden, die Darstellung ist nicht maßstäblich zum Ortskern. Wollte man hier den Kran (Kranfundament) besonders hervorheben?
Dieser Ausschnitt aus der Karte von 1706 zeigt die erste und bisher einzige Ansicht vom Landkran in Frei-Weinheim. Das Fundament ist rund und hat einen kräftigen Ständer (Kaiserbaum), östlich ist die Mündung der Selz mit der Bezeichnung „Weinheimb Fahr“ zu erkennen. Die Karte zeigt die Perspektive aus Norden, also vom Rheingau her.
In einem Buch soll ausführlicher auf den Kran und sein Umfeld eingegangen werden. Außerdem ist an eine Sonderausstellung im Museum gedacht.
Als Fernziel schwebt Herrn Rättig "die Rekonstruktion des historischen Hafenkrans von Frei-Weinheim und eines Schiffes (Marktschiff, Cöllnisches Schiff)" vor.