Autor und Fotos: Hartmut Geißler
nach Andreas Saalwächter, Baugeschichte 1919, S. 162 ff. und
Wilhelm A. Schönherr und Peter Schicke: Kirchengeschichte
Weil bei der Pfälzer Kirchenteilung 1705-1707 die heutige Burgkirche den Reformierten zugefallen war, musste sich die kleine katholische Gemeinde eine neue Kirche bauen. Sie wurde von 1721 an etappenweise am Neuweg errichtet, allmählich eingerichtet und schließlich 1767 geweiht. Bis zur ersten Benutzbarkeit mussten die Katholiken notdürftig ein schon ziemlich verfallenes altes Rathausgebäude an der Mündung der Ringgasse in die Kirchgasse ("An der Burgkirche") benutzen, das ihnen ein Baron von Horneck zur Verfügung gestellt hatte.
Die Gemeinde hatte große Finanzierungsschwierigkeiten; für einen Glockenturm reichte das Geld nicht aus, nur zu einem kleinen Dachreiter. Auch als das Gebäude selbst benutzbar war, blieb es noch lange unverputzt, und die Innenausstattung konnte erst nach und nach beschafft werden.
Der Hochaltar, gestiftet von Marsilius von Nagel, gefertigt von einem Mainzer Schreinermeister, konnte erst 1747 aufgestellt werden. Die Seitenaltäre zeigen links die Mutter Gottes und rechts den Kirchenpatron, den hl. Michael. Für diesen Michaelsaltar stifteten die Grafen von Ingelheim eine Michaelsstatue mit einem Wappenschild in der Hand, das das Wappen deren von Ingelheim zeigte. Die Figur ging verloren. Weitere Spender: Gottfried von Langwerth, Weihbischof zu Regensburg, Anna Elisabeth Charlotte geb. v. Mosbach zu Lindenfels, Oberschultheiß Biebesheimer. Eine Orgel wurde 1758 eingebaut.
Am 8. Oktober 1767 wurde die Kirche schließlich durch den Mainzer Weihbischof Christoph Nebel geweiht, 46 Jahre nach der Grundsteinlegung, in einer gemeinsamen Aktion mit St. Remigius in Nieder-Ingelheim und St. Michael in Frei-Weinheim.
1963/64 wurde die Kirche wegen des starken Anwachsens der katholischen Gemeinde zum Neuweg hin verlängert und erhielt einen modernen Glockenturm, entworfen von Caumanns und Grasnitz, Mainz. Er besteht überwiegend aus Mauerwerk, nur der Teil des Glockenstuhles war aus Beton. Dieser Teil erwies sich im Jahre 2014 als so stark verwittert, dass er 2018/19 aufwändig saniert werden musste. Er ist jetzt im Glockenbereich dezent mit Holz verkleidet.
Gut zu erkennen ist die Verlängerung des Kirchenschiffs zwischen Glockenturm und Dachreiter.
Innen befindet sich eine Nachbildung eines Crucifixus dolorosus, eines "Pestkreuzes" aus dem 14. Jh. (Original im Mainzer Dommuseum, Herkunft unklar).
Gs, erstmals: 15.03.06; Stand: 09.03.21