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Zur Geschichte von Großwinternheim


Autor und Fotos: Hartmut Geißler


Es existiert zurzeit noch keine zusammenfassende Ortsgeschichte, nur Teilaspekte wurden bisher bearbeitet, vor allem in den Beiträgen zur Ingelheimer Geschichte, Nr. 28 von 1978: Ludwig Hellriegel: Rund um den Großwinternheimer Kirchturm.

Der Historische Verein ruft herzlich zu weiterer Forschungsarbeit auf.

Auf der Informationsstele (= Station Nr. 1) heißt es zur Geschichte von Großwinternheim:


 

Großwinternheimer Geschichtstafel

von Ludwig Hellriegel, BIG 28, 1978, S. 8 ff.
 

1200 - 400 vor Chr. - Hallstattzeit: Brandgräber in der Rosenstraße

400 - 50 vor Chr. - Latènezeit: steinumstellte Gräber, dabei Bronzeringe und Tongefäße in der Rosenstraße und von einem unbekannten Fundort.

50 vor Chr. - 450 nach Chr. - Römerzeit: Römischer Krug, gefunden im Angelbitz. Häuserfundamente in der Ingelheimer Straße.

450 - 900 nach Chr. - Fränkische Zeit: Reihengräberfeld aus dem 7. Jahrhundert bei der Turnhalle. Karolingisches Fenster aus dem 8. Jahrhundert, Mainzer Straße, heute im Museum in Niederingelheim. Stammt vermutlich aus der ersten Großwinternheimer Kirche. Taufstein, 1873 gefunden, wieder verschollen, karolingisch mit römischem Schaft, ebenfalls aus der ersten Kirche.

Um 900 nach Christus: Bau des heute noch erhaltenen Kirchturms.

937 erste urkundliche Erwähnung:Villa seu marca Winternheim ex fisco nostro Ingelisheim, Nahegawe. ("Winternheim" = Haus des "Wintaro", vermutet Krienke)

1140 Erzbischof Adalbert von Mainz bestätigt die Besitzungen des Klosters Bischofsberg (später Johannisberg) im Rheingau, darunter einen von einem Heinrich geschenkten Hof zu Winternheim.

1215 Der Abt von St. Maximin bei Trier gibt die Zehnteinkünfte zu Großwinternheim weiter an den Rheingrafen. Dieser verleiht sie an Henn Billung von Winternheim für zwei Schillinge.

1257 König Richard belehnt den Rheingrafen Werner mit einem Schloß und dem Dorf Winternheim, welches nachher Gottfried von Eppstein zu Lehen trug.

1267 Propst Ludwig von St. Viktor in Mainz schenkt seinem Stift etliche Güter zu Winternheim.

1297 Erste Erwähnung eines Pfarrers in Großwinternheim.

1312 Sybold und Lysa von Winternheim verzichten zur Sühne für den Mord an den beiden Knappen Humbert und Embricho von Winternheim auf ihre Patronatsrechte den Marienaltar dortselbst betreffend, sie werden dem Abt von St. Maximin übertragen.

1314 - 1366 Der Kaiser verpfändet aus Geldverlegenheit Großwinternheim und andere Orte, die bislang zu seinem Besitz gehörten, wiederholt an Mainz. Großwinternheim ist bereits durch eine Ringmauer, Türme und Tore befestigt.
(Ergänzung Gs am 01.04.2023; In den vielen Verpfändungsurkunden des 14. Jahrhunderts wird "Winternheim" stets separat nach Oppenheim, Odernheim, Schwabsburg, Nierstein sowie Ober- und Nieder-Ingelheim miterwähnt, andere Dörfer des Ingelheimer Grundes jedoch nicht namentlich. Der befestigte Ort genoss also eine ähnliche Stellung wie Ober- und Nieder-Ingelheim.)

1318 Die ehrbare Frau Witzela, Witwe des Ritters Friedrich von Winternheim läßt den neuerrichteten Altar in der Kirche zu Winternheim dem Abt von St. Maximin übertragen.

1324 Das Domkapitel in Mainz kauft einen Hof in Großwinternheim.

1366 Domscholaster Otto von Schonenburg verkaufte der Präsenz in Mainz ein Fuder fränkischen Wein, Mainzer Maß, aus Großwinternheim.

1367 Kaiser Karl IV. verpfändet seinem Sohn, dem König Wenzel, und dem Erzbischof Gerlach von Mainz, welche des Reiches Grund von der Stadt Mainz eingelöst hatten, Großwinternheim mit dem Gebiet zwischen Ingelheim und Oppenheim für 11 000 Gulden. Das Geld wurde für eine Romfahrt benötigt, durch die er Papst Urban V. aus dem Exil von Avignon zurückholen wollte.

1375 Aus diesem Jahr stammen die ältesten erhaltenen Urteile des Oberhofes, ein Berufungsgericht für fast 70 Orte der Umgebung, der etwa zu einem Drittel mit Schöffen aus Großwinternheim und zu zwei Dritteln mit Vertretern der beiden Ingelheim besetzt war.

1375 - 1379 Der ursprünglich nur dem Kaiser direkt unterstehende Reichsgrund wird an den Pfalzgrafen Ruprecht verpfändet. Großwinternheim kann aus dieser Pfandschaft nie mehr vom Kaiser gelöst werden. Nur der Adel, der immer zahlreicher hier ansässig wird, kann seine kaiserlichen Privilegien wahren. Der Gemeinde dagegen bleibt als schwache Erinnerung an die reichsfreie Zeit der Reichsadler im Siegel und später im Wappen.

1383 In Großwinternheim wird der Pfarrkirche gegenüber eine Kapelle zu Ehren des hl. Kreuzes gebaut, Stifter ist Sybel von Ockenheim.

1388 Großwinternheim schließt zusammen mit den beiden Ingelheim einen Vertrag mit Mainz und Frankfurt zur Sicherung der beiderseitigen Angehörigen im Streit der Städte mit den Herzögen von Bayern.

1402 König Ruprecht verpfändet Großwinternheim u. a. weiter an seinen Sohn Ludwig für 100.000 Gulden. Er löst damit die Bindungen zum Reich völlig.

1410 Beginn des ältesten Großwinternheimer Haderbuches, das leider nur in Bruchstücken bekannt ist.

1422 Erwähnung eines kleinen Hospitals in Großwinternheim.

1427 Es stand in diesem Jahr bereits eine dem hl. Michael geweihte Kapelle auf dem Böhl bei der Pfarrkirche.

1444 Bruder Hans in der Klause zu Winternheim wird erwähnt. Er gehörte dem Dritten Orden des hl. Franziskus an.

1445 Abt Lamprecht von St. Maximin verkauft aus einer Notlage heraus ein Sechstel des Zehnten, der in der Großwinternheimer Gemarkung liegt, an die Präsenz des Mainzer Domes.

1454 Dieter Knebel von Katzenelnbogen überlässt dem Pfalzgrafen sein Burglehen in Bacharach für das Reichsschultheißenamt in Großwinternheim.

1467 Die Michaelskapelle wird umgebaut oder in neuer Gestalt wieder aufgebaut.

1476 Gespräch in Junker Philipps Haus wegen der kriegerischen Ereignisse, von denen Großwinternheim betroffen war. Dies geht aus einer Notiz eines verschollenen Haderbuches hervor.

1400 -1500 Etliche Häuser aus diesem Jahrhundert sind in Großwinternheim ganz oder zum Teil erhalten geblieben, darunter ein ehemaliger Adelshof.

1482 Die Winternheimer haben Bewaffnete zu stellen für einen Kriegszug gegen Wachenheim und Dürkheim.

1490 Beginn des einzigen noch erhaltenen Großwinternheimer Haderbuches. Es gibt genauen Aufschluß über die geordneten Verhältnisse einer wohlhabenden Gemeinde am Ende des Mittelalters.

Ergänzung Geißler:

In der Neuzeit waren in Großwinternheim ansässig und begütert die Flach von Schwarzenberg, die Knebel von Katzenelnbogen und die Obentraut. Mitglieder dieser Familien amtierten oft als Schultheißen und Schöffen des Reichsgerichtes.


Zur Situation der Konfessionen in Großwinternheim im 17. Jahrhundert

von Ludwig Hellriegel, BIG 28, S. 48 ff. siehe HIER


Das Weinbaudorf Groß-Winternheim im Ingelheimer Grunde

von Hans Schaufuß (bis 1973 evangl. Pfarrer in Stadecken)
(korrigiert am 30.09.08, Gs, s.u.)

"Wenn auch Groß-Winternheim politisch ein Teil der Stadt Ingelheim geworden ist, so ist doch die Geschichte und die Kultur dieses ungewöhnlichen Ortes nicht untergegangen. Hinzuweisen ist auch auf die große Bedeutung der Weinbaugemeinde Groß-Winternheim. Es wird manchmal darüber gestritten, ob es eine pfälzische und eine rheinhessische Weinstraße geben sollte. Nicht strittig könnte die Frage sein, daß die liebliche Gegend von Ingelheim über Groß-Winternheim nach Schwabenheim die Weinstraße des Ingelheimer Grundes sein dürfte. Hier ist eines der alten Weinbaugebiete gefunden, das nach der Römerzeit unter den fränkischen Herrschern, die ihre Pfalz in Ingelheim hatten, als Königsgut Pflege und Wartung fand.

In Schwabenheim war das Kloster St. Maximin seit der Zeit Karls des Großen reich dotiert. Das Klostergut St. Maximin war das Weingut des Trierer Klosters. Ebenso aus Königsgut entstanden in Groß-Winternheim adlige Lehnsgüter und geistliche Güter, die intensiv Weinbau betrieben. In Groß-Winternheim war früher nach Brilmayer, Rheinhessen, ein Weinbergbesitz von 64,12 ha vorhanden, den die Obentrauts, die Freiherrn von Erthal und Wallbrunn, das Domkapitel zu Speyer und die geistliche Güterverwaltung großenteils betreuten...

"Das Hauptgrundstück des Obentrautschen Besitzes, „der Obentrauter Hof“, ist heute z. T. im Besitz der Familie Otto Wenkenbach, Doll Erben. Die Familie Doll stammt aus dem Weinbaugut Schwabenheim (Pfaffenhofen); sie war lange Verwalterin der Klostergüter von St. Maximin. Der aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts stammende Obentraut-Hof überrascht durch die Größe der Zimmer, durch den parkartigen Garten und durch die großartige Befestigungsanlage des sich anschließenden Effengrabens mit alter Maueranlage." ("Effen": alte Bezeichnung für Ulmen. Gs)


Links: Obentrautdenkmal in Seelze (wie der Text aus wikipedia)

"Michael Obentraut ist ein bewährter Soldat seiner Zeit gewesen [aber kein Großwinternheimer!]. Als sein Landesherr Friedrich V. im Dreißigjährigen Kriege 1620 sein Land verlor, kämpfte Michael Obentraut noch zwei Jahre gegen die Spanier. Er war dann im dänischen Krieg General bei der dänischen Kavallerie. Am 25. Oktober 1625 fiel er bei Seelze in der Nähe von Hannover.

Die zu spät alarmierten dänischen Truppen erlitten bei diesem Gefecht schwere Verluste durch die übermächtig angreifenden Truppen des kaiserlichen Generals Tilly. Michael Obentraut wurde im Chor der Marktkirche zu Hannover beigesetzt.

Die Dänen schätzten Michael Obentraut wegen seiner Tapferkeit, Treue und Verwegenheit, sie nannten ihn den „deutschen Michel“. Er ist mit diesem Beinamen in die Geschichte eingegangen. Gemeint war mit seinem Beinamen gerade das Gegenteil von dem, was man heute damit bezeichnet ... Mit Recht zeigen die Weinflaschen des Obentraut-Hofes das Obentraut-Wappen. Das Wappen zeugt von der traditionsreichen Güte einer alten, aber zukunftsreichen Weinbaugemeinde."

Ein Bruder Michael Obentrauts, Konrad Nikolaus von Obentraut, war Kommandant der Kurmainzer Festung Königstein im Taunus. Dessen Sohn, (Johann) "Heinrich von Obentraut, kehrte 1650 aus dem Kriege zurück und wurde Oberschultheißdes Ingelheimer Grundes."

Zwei ausführliche Artikel zu den Obentrauts und speziell zu Michael von Obentraut hat H. G. Thurm veröffentlicht: "Die Ritter von Obentraut. Der Deutsche Michel" - Siehe außerde die Seite mit einem Vortrag zur Familie von Obentraut von Dr. Joachim Gerhard.

Der "deutsche Michel" ist jedenfalls nicht dieselbe Person wie der Hans Michael von Obentraut, dessen Anfangsbuchstaben auf dem Schlussstein der Toreinfahrt mit der Jahreszahl 1609 zu lesen sind.


 

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Gs, erstmals: 04.01.06; Stand: 01.04.23